Überpünktlich schlittere ich in den Kreis des abklingenden Mittagessens, wo mir sofort Kaffee und Mehlspeise angeboten werden. Als sich die zwei Söhne noch verabschieden, befinde ich mich schon mitten im Gespräch mit deren Vater Franz. Leidenschaftlicher Musiker. Genauso wie seine Tochter Maria, durch die ich aufmerksam gemacht und eingeladen wurde. Ihre Mutter Elisabeth sei schon etwas nervös wegen des Gesprächs, scherzt der Ehemann. Ich sehe, dass sie vorbereitet ist. Aufgrund des handgeschriebenen Zettels, der zwölf Geburtsdaten und Namen auflistet. Die Geschichte beginnt 1980, erstreckt sich über zwanzig Jahre und ist eine Achterbahnfahrt, wie keine zweite. Der brüchige Versuch emotional zu begreifen, lässt mich oft nur nickend in die glasigen, aber gefassten Augen einer zwölffachen Mutter und ehemaligen Volksschullehrerin blicken. Den größten Trost hat immer schon die bedingungslose Liebe der Kinder dargestellt. Denn die Nachkriegsgeneration profiliert sich mit vehementem Durchhaltevermögen. Verluste und damit verbundene psychische Strapazen wurden in diesen Jahrzehnten kaum öffentlich besprochen. Eine Kultur des Nicht-Jammern-Wollens prägt Elisabeths Erzählung einer zum Starksein kultivierten Frau. Erst die einfühlsame Betreuung durch eine Hebamme bei der siebten Fehlgeburt lässt die Krusten aufsprengen und emporquellen, was Geburt für Geburt mitgeschleppt wurde. Und erst nach dem Tod der eigenen Mutter kommt ein offenerer Verarbeitungsprozess ins Rollen, der das kühle Mauerwerk abzutragen beginnt.
Das Gesprächs-Archiv dieser Webseite führt üblicherweise längere Zusammenfassungen der Interviews, was derzeit den zeitlichen Rahmen des Projektes leider übersteigt. Daher finden Sie die leicht gekürzte Fassung vorerst nur in Audioform.